Mein Partner ist süchtig – wird er davon wegkommen?
Es gibt Millionen süchtiger Menschen im deutschsprachigen Raum. Das ist schon schlimm genug. Aber hinter jedem Mensch mit Suchtproblemen stehen noch einmal mehrere Angehörige, die oft mindestens genauso viel leiden.
Wovon hängt es ab, ob der Ehemann, Freund, die Frau, die Tochter, der Sohn, wer auch immer, erfolgreich eine Therapie absolviert und wieder weg von der Sucht kommt? Zunächst einmal können Sie ihn oder sie natürlich drängen, Hilfe zu suchen und anzunehmen. Entscheidend ist allerdings, dass der betroffene Mensch die Hilfe aber auch annehmen will.
Es muß eine gewisse Freiwilligkeit dabei sein. Wer nicht davon überzeugt ist, Hilfe zu brauchen, und eine Therapie nur aufgrund von Zwang durchführt, hat keine guten Erfolgsaussichten. Je nach Sucht scheitern bis zu 90% aller Therapien mittelfristig, d. h. wenn man sich anschaut, wie viele Patienten auch nach 18 Monaten noch suchtfrei leben.
Ganz anders sieht es aber schon bei den Betroffenen aus, die hoch motiviert und zuversichtlich in eine Behandlung gehen. Es ist also keineswegs so, dass die Erfolgsaussichten immer schlecht sind. Ganz im Gegenteil. Was ebenfalls erfolgsfördernd ist, sind unterstützende Familien und Parter Innen. Unterstützend heißt vor allem zwei Dinge:
Dafür sorgen, dass der Betroffene seine Schuldgefühle los wird und sich nicht schämen muss für seine Sucht. Und zuhören können, interessiert sein, aber nicht drängen.
Über das erste habe ich schon einmal in einem Blogbeitrag geschrieben. Schuld- und Schamgefühle, oder noch allgemeiner: geringes Selbstwertgefühl, wirken sich negativ auf die Sucht aus. Je mehr man sich schlecht fühlt, desto mehr will man diese negativen Gefühle durch die Drogen betäuben und vergessen machen.
Deshalb ist der umgekehrte Schluss wichtig: wenn Angehörige verzeihen (gekoppelt an die Forderung, eine Therapie durchzuführen), ist das sehr wichtig für den Betroffenen. Sprechen Sie die Person ruhig an und sagen: Du, du musst dich doch jetzt bestimmt ganz schlimm fühlen wegen all dem Mist, den du verzapft hast. Aber das Leben geht weiter. Du arbeitest ja dran. Wir haben alle unsere Fehler. Und eine Sucht ist ja so etwas wie eine Krankheit, da kannst du ja nicht unbedingt etwas dafür.
So etwas in der Art. Was ebenfalls die Erfolgschancen einer Therapie beeinflusst, ist die Länge der Sucht bisher im Leben. Wer noch nicht so lange süchtig ist, kann schneller davon loskommen. Wer das Problem schon viele Jahre mit sich herumschleppt, braucht eventuell mehrere Anläufe.
Was in diesem Zusammenhang ganz wichtig ist: man muss lernen, mit seinen Rückfällen umzugehen. Im Lavario-Programm schreiben wir, dass Rückfälle zum Entzug dazugehören wie Benzin zum Autofahren. Ohne Rückfälle geht es gar nicht.
In solchen Situationen trennt sich aber die Spreu vom Weizen. Wer in seiner Therapie gelernt hat, einen Rückfall als Chance zu begreifen, noch mehr über die Sucht und die dahinterliegenden Probleme zu erfahren, kann sich dann für zukünftige Verlockungen noch besser vorbereiten.
Viele fallen allerdings bei einem Rückfall in ein Loch, aus dem sie lange nicht mehr herauskommen, weil sie sich dann unfähig und als Loser fühlen. Wie gesagt, ein guter Therapeut wird die Betroffenen auf solche Situationen vorbereiten.
Was natürlich ganz entscheidend ist für die Chancen, von einer Sucht wegzukommen, ist, dass man es nicht alleine versucht. Mit guten Vorsätzen à la „ab morgen kein Alkohol mehr“ oder „ab morgen nur noch 1.000 Kalorien“ oder „ab jetzt zocke ich nicht mehr“ … kommt man meist nicht weit.
Eine Sucht hat etwas mit tieferliegenden Problemen zu tun, die erkannt und gelöst werden müssen. Neue Verhaltensweisen müssen gelernt werden, genau wie Strategien „nein“ zu sagen, auch wenn die Versuchung groß ist. So etwas kann man nicht alleine lernen. Und vor allem hat es nicht mit gutem (oder fehlendem) Willen oder Charakterstärke zu tun.
Wenn jemand also wirklich seine Sucht überwinden will, sollte er oder sie zu einer Suchtberatungsstelle gehen oder sich einen auf Sucht spezialisierten Psychotherapeuten suchen. Die Krankenkasse zahlt die Behandlung meist, sofern der Therapeut eine psychische Erkrankung anzeigen kann. Was bei Sucht oft gegeben ist.
Selbsthilfegruppen empfehle ich eher für den Anschluss an eine Therapie, wenn man stabil bleiben möchte. Ein Selbsthilfeprogramm für zuhause, wie wir es bei Lavario anbieten, ist eine gute Alternative, wenn die Betroffenen den Gang zu einem Therapeuten, warum auch immer, scheuen. Oder um die Wartezeit bis zu einem Therapieplatz sinnvoll zu überbrücken.
Wenn Sie Fragen oder Anregungen oder auch eine Meinung zu dem Thema haben, schreiben Sie sie doch einfach ins Kommentarfeld hier unten.