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Alkohol – Entzug oder einfach nur weniger trinken?

Wenn jemand Alkoholprobleme hat, wird ein Alkoholentzug und dann Abstinenz empfohlen. Was heisst empfohlen – es wird in Deutschland dann auch so durchgezogen. Mit dem Ergebnis, dass 90% aller Menschen nie behandelt werden, und von den anderen 10% nach 18 Monaten 90% wieder rückfällig geworden ist. Wer das durchrechnet, kommt mathematisch zu dem Schluss, dass nur 1 % (!!) aller Betroffenen erfolgreich behandelt werden.

Und das deckt sich wahrscheinlich mit Ihren Alltagsbeobachtungen, denn kennen Sie einen erfolgreich behandelten Ex-Alkoholiker? In den USA und in Australien ist man da schon weiter. Kontrolliertes Trinken wird dort oft als Behandlungsziel ausgegeben und plötzlich drehen sich die Erfolgszahlen. Dort sind bis zu 70% der Therapien erfolgreich, statt zu scheitern. Spiegel Online hat darüber bereits berichtet.

Der Gedanke ist folgender: statt alle Betroffenen über einen Kamm zu scheren und allen die gleiche Behandlung zukommen zu lassen, unterscheidet man zwischen körperlich abhängigen Alkoholikern und nur seelisch, mental Abhängigen. Erste Gruppe sind die Alkoholiker, wie man sie sich allgemein so vorstellt: rote Nase, zitternde Hände, feuchte Augen, starke Blutdruckschwankungen etc.

Die zweite Gruppe, also die mental abhängigen „Alkoholiker“ sind jene, die meinen, mit viel Alkohol wäre das Leben einfach leichter zu ertragen, eine Party einfach besser, sie selber einfach lockerer, und die anderen tränken ja auch so viel etc. Ohne schon körperlich abhängig zu sein.

Man kann sagen, dass etwas 15% aller Menschen mit Alkoholproblemen in die Gruppe der körperlich Abhängigen gehören, 85% in die 2. Gruppe. In den USA und in Australien (und auch im Lavario-Programm und im Konzept des „Kontrollierten Trinkens“) wird diese Gruppe anders behandelt. Statt sie zum Entzug und totaler Abstinenz zu zwingen, versucht man ihnen zu ermöglichen, kontrolliert zu trinken.

Das leuchtet ja auch ein, ist mit dem gesunden Menschenverstand nachvollziehbar. Zwei Bier am Tag statt sechs (um ein Beispiel zu geben), das wäre ein großer Erfolg und ein vernünftiges Ziel. Allerdings ist das bei der Mehrheit der behandelnden Ärzte und Therapeuten und Kliniken in Deutschland immer noch schwer umzusetzen, auch wenn ganz langsam ein Sinneswandel einsetzt. Alkohol ist eben ein Gift, eine legale Droge, und es fällt Ärzten natürlich (vielleicht zu Recht) schwer, ein Behandlungsziel zu formulieren, welches immer noch zwei Bier (also zwei Mal Gift) enthält.

Aber diese Sturheit hilft den Betroffenen leider nicht. Wer körperlich abhängig ist, der sollte auf jeden Fall einen Entzug machen und dann auch trocken bleiben. Obwohl man auch in diesen Fällen in Australien und den USA teilweise versucht, den Betroffenen einen kontrollierten Umgang mit Alkohol beizubringen, halte ICH das für fast aussichtslos.

Aber bei allen anderen Fällen kann man den verantwortungsvollen Umgang mit Bier, Wein etc. sehr wohl lernen. Viele traditionelle Alkoholentzüge scheitern ja auch deshalb, weil die Betroffenen das Ziel als so hoffnungslos und trist empfinden, nie wieder einen einzigen Tropfen anzurühren – und dann irgendwann schwach werden und dann wieder hemmungslos saufen.

Denn wer nie gelernt hat, mit ein oder zwei Glas am Tag auszukommen, sondern nur mit Vollrausch oder gar nichts, der wird vom gar nichts wahrscheinlich ganz schnell wieder in den Vollrausch abrutschen.

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