Sexsucht bekämpfen: Den Filmregisseur stoppen
Sexsucht bekämpfen ist ein Prozess, der aus vielen kleinen Bausteinen besteht.
Einerseits musst Du verstehen lernen, warum Du eigentlich in die Sucht reingerutscht bist. Andererseits brauchst Du aber auch ganz konkrete Tipps, was Du tun kannst, wenn der Suchtdruck mal wieder ganz stark wird. Das Hilfe-bei-Sucht-Programm liefert viele dieser Sofort-Tipps.
Einer dieser Tipps heißt, Sexsucht bekämpfen, indem Du Deinen „Filmregisseur stoppst”. Hier ein Auszug aus dem Text.
Weißt Du eigentlich, dass Du als Sexsüchtige(r), eine einzigartige Gabe hast? Das ist Deine Fantasie. Die Fähigkeit, Dir in Deiner Fantasie Dinge auszudenken, die Du dann durchlebst. Fast so als wären sie wahr. Dein Bilderraumschiff fliegt viel realistischer als das von anderen Menschen. Es fliegt auch viel schneller.
Im Moment aber ist erst einmal wichtig, festzuhalten, dass Dein innerer Hollywood-Produzent viel schneller und viel häufiger als bei anderen Menschen loslegt. Und schnell den nächsten Erotikfilm dreht. Mit Dir als Hauptdarsteller. Eine Werbung im Fernsehen mit einem nackten Bein. Ein zur Flirt-Party einladendes Plakat an der Litfasssäule. Die Kassiererin im Supermarkt mit den schönen schlanken Fingern… Und schon geht der Film los.
Hier – genau hier, an dieser Stelle – da kannst Du reagieren und eingreifen, wenn Du Deine Sexsucht bekämpfen willst!
Der typische Weg ist nämlich jetzt, dass so ein bewusster oder unbewusster Auslöser den Filmregisseur in Dir hervorruft. Dann wird der Film gedreht – und zwar mit vollem Einsatz: Deine Gedanken drehen sich jetzt immer mehr um Erotik und Sex. Du stellst Dir vor, was Du jetzt alles tun möchtest. In Dir entsteht eine enorme Spannung. Die löst sich erst dann auf, wenn Du Deinen Orgasmus gehabt hast. Wie auch immer Du ihn erreichst.
Wenn der Filmregisseur in Dir loslegt, dann kannst Du, um die Sexsucht zu bekämpfen, eine Methode anwenden, die man auch Gedankenstopptechnik nennt.
Schau mal im Internet. Google mal „Gedankenstopptechnik” und „Verhaltenstherapie“.
Sexsucht bekämpfen mit der Gedankenstopptechnik in Zusammenhang mit dem Filmregisseur in Dir besagt nun, dass Du Dein Bilderraumschiff mit einem brutalen Dazwischengehen stoppen sollst. Konkret heißt das: in dem Moment, in dem es in Dir mit den sexuellen Fantasien losgeht, reißt Du Deine Arme hoch. Du klatschst laut in die Hände und schreist „Stopp!”
“Moment mal. Sagst Du jetzt, ich soll mich an der Kasse im Supermarkt oder in der Fussgängerzone oder in der Kneipe nebenan plötzlich als Clown aufführen?”
Nein, das sollst Du natürlich nicht. Denn erstens sollst Du das erstmal in Ruhe zu Hause üben. Zweitens kannst Du das dann etwas abgewandelt in der Öffentlichkeit anwenden.
Aber der Reihe nach.
Sexsucht bekämpfen mit Neurobiologie.
Neurobiologisch sind alle Gedanken, die Du hast – und somit auch die des Hollywood-Regisseurs in Dir – Prozesse zwischen Nervenzellen. Dabei übermitteln bestimmte Botenstoffe Reize. Dies erklären wir später noch ganz ausführlich.
Was passiert, wenn jetzt plötzlich und unerwartet ein Klatschen und Schreien kommt?
Dann passiert im Gehirn so etwas, als wenn Tauben vor Dir die Brotkrümel vom Boden picken und plötzlich jemand in die Hände klatscht. Die Tauben fliegen wild auseinander. Sie kommen vielleicht nach einer Weile zurück. Doch sie sind dann nicht mehr so zahlreich und nicht mehr so geordnet wie vorher.
Die chemischen und neurobiologischen Prozesse in Deinem Gehirn werden plötzlich auch dramatisch durcheinandergebracht. Denn durch das Klatschen und Schreien wird Adrenalin freigesetzt.
Adrenalin hat Vorrang vor allem Anderen im Körper. Denn es ist der Stoff zum Überleben.
- Über Zehntausende von Jahren hat der Körper gelernt, dass Adrenalin in Gefahrensituationen ausgeschüttet wird. Beispielsweise als wir damals auf der Jagd waren und plötzlich von einem wilden Tier angegriffen wurden.
- Aber auch heute noch, z.B. in der Schule, als der Lehrer Dich plötzlich unerwartet nach vorne bat, um eine Aufgabe an der Tafel zu lösen. Da hast Du Adrenalin ausgeschüttet.
Und unser Organismus hat über all die Tausende von Jahren gelernt, dass, wenn so etwas passiert, alles Andere erst einmal zurückgefahren werden muss.
Dies bedeutet, dass die chemischen und neurologischen Anordnungen, die der Hollywood-Produzent in Deinem Gehirn produziert hat, weggespült werden. Weggespült vom Adrenalin.
Sie können zwar wieder zurückkommen, in gleicher oder ähnlicher Form. Aber zunächst einmal hast Du im schlechtesten Fall Zeit gewonnen. Und im besten Fall hast Du die Gedanken dauerhaft vertrieben. Zumindest für den Rest des Tages oder für viele Stunden.
Im weiteren Verlauf des Programms werden wir natürlich ausführlich behandeln, wie Du daran arbeitest, dass diese Gedanken erst gar nicht mehr kommen. Und wie Du die Sexsucht dauerhaft bekämpfst.
Übe also nun die Gedankenstopptechnik. Damit kannst Du jederzeit die Symptome Deiner Sexsucht bekämpfen.
Die Gedankenstopptechnik alleine üben
Zunächst einmal, übe wenn Du ganz allein bist. Setz Dich gemütlich auf einen Stuhl oder auf Deine Couch. Lass Dein Bilderraumschiff durchstarten. Zunächst einmal etwas Nicht-Erotisches.
- Wie wäre es mit einer schönen nicht-erotischen Erinnerung?
- Vielleicht aus Deiner Kindheit?
- Vielleicht aus Deinem letzten Urlaub?
- Ein Erfolgserlebnis bei der Arbeit?
- Etwas von der Fussballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland?
- Oder etwas aus Deinem Lieblings-Action-Film oder oder oder…
Schließ die Augen, und lass die Bilder laufen.
Und dann irgendwann, nach 20 oder 30 Sekunden, reißt Du die Arme hoch. Du klatschst in die Hände und schreist ganz laut „Stopp!”.
Und öffnest die Augen.
Und konzentrierst Dich sofort auf die Dinge, die Du in dem Augenblick siehst.
Damit unterbrichst Du nämlich nicht nur die chemischen Anordnungen in Deinem Gehirn. Vielmehr bietest Deinem Gehirn auch sofort eine neue Anordnung. Und diese hat nichts mehr mit der alten zu tun.
Z.B. könntest Du nach dem Schrei dann das Fenster oder die Blumen oder den Tisch und das Geschirr wahrnehmen. Unterschätze diesen kleinen Schritt nicht. Er ist sehr wichtig, damit Du die Sexsucht bekämpfst.
Übe das ein paar Mal.
Und dann die Anwendung auf die Sex- und Pornosucht…
Danach tust Du das Gleiche mit einem erotischen inneren Film. Wir sind uns sicher, dass Dir das nicht schwer fällt.
Und tu das Gleiche wie vorher:
- Lass den Film laufen.
- Und dann, nach 20 oder 30 Sekunden, reißt Du die Arme hoch und klatschst in die Hände.
- Dann schreist Du „Stopp”.
- Und nimmst dann bewusst Deine Umgebung wahr. Das, worauf Du vorher gar nicht konzentriert warst.
Übe das ruhig ein paar Mal. Am besten mit ein paar Stunden Zeitabstand.
Sexsucht bekämpfen mit der Gedankenstopptechnik
Funktioniert noch besser: mit einem Freund üben
Sexsucht bekämpfen mit der Gedankenstopptechnik. Idealerweise solltest Du als nächstes auch noch einen Vertrauten bitten, das mit Dir zu tun. Das ist zwar nicht unbedingt notwendig. Doch die Wirkung dieser Methode kann so noch verstärkt werden.
“Was? Ich soll jemandem von meiner Sexsucht erzählen?” fragst Du Dich jetzt.
Nein, das sollst Du nicht. Erfinde eine Ausrede. Sag z.B., dass Du ein Buch gelesen hast. Darin heiße es, man könne die Konzentrationsfähigkeit steigern, indem man lernt, mit Ablenkungen umzugehen.
Eine sehr effektive Ablenkung sei es, wenn jemand plötzlich in die Hände klatscht. Und dabei laut schreit, während man selbst in Gedanken irgendwo ganz anders ist.
Sexsucht bekämpfen: Tipp eines Hilfe-bei-Sucht-Nutzers:
“Bei mir hat diese Übung erst dann funktioniert, als ich die Kamera von meinem Handy noch dazugenommen habe. Erst habe ich innerlich geklatscht und Stopp gerufen. Dann habe ich ein Foto von mir selbst gemacht. Ich war vorher fast von Sinnen in meiner Gier.
Und dann kam ich irgendwie wieder zu mir selbst, als ich mein Gesicht sah. Ich fand drei, vier andere Sofort-Übungen für mich persönlich zwar besser. Aber trotzdem hat mir am Anfang jeder Strohhalm geholfen.
Hinterher waren diese Sofort-Sachen ja eh nicht mehr so wichtig. Aber zu Beginn hat es mir halt geholfen, mein Gesicht zu sehen. Mir nochmal vor Augen zu halten, dass ich es bin, der gerade wieder diesen Mist veranstalten wollte.”
Konkret heißt das: Du schließt die Augen und lässt Dein Bilderraumschiff wieder starten. Und Du erzählst Deinem Bekannten natürlich nicht, was Du da gerade vor Dir siehst.
Dein Bekannter klatscht plötzlich laut in die Hände und ruft „Stopp”. Du weißt vorher nicht genau, wann er oder sie das tut. So ist der Schockeffekt noch ein bisschen stärker.
Es wird mehr Adrenalin ausgeschüttet. Entscheidend ist nämlich, dass der Körper lernt, Adrenalin auszuschütten, wenn das Klatschen und der Ruf erfolgt.
Deswegen ist es so hilfreich, dass auch ein Bekannter von Dir das mit Dir macht. Dann ist der Adrenalinausstoss stärker. Der Körper lernt das so für Situationen später. Wenn Du selber klatschst und schreist, damit Du die Sexsucht bekämpfst. Zumindest erst einmal den Suchtdruck als Anfang.
Mach das ein paar Mal. Mach das spielerisch.
Vielleicht hat Dein Bekannter ja auch Lust, das mal auszuprobieren. Zieh das ganze ruhig ein bisschen ins Lächerliche. Erfinde etwas, z.B.: „So ein Quatsch. Ich hab’ gelesen, dass man sich besser konzentrieren kann, wenn man das übt. Aber das stimmt doch alles bestimmt nicht. Doch einen Versuch ist es ja mal wert…”. Hauptsache, Du fühlst Dich halbwegs wohl dabei und kannst den Mut entwickeln, das mit einem Bekannten durchzuführen.
Du erzählst halt niemandem, dass Du das ganze tust, damit Du Deine Sexsucht bekämpfst. Falls Du Kinder in Deinem Umfeld hast, ist das ideal. Denen macht so etwas Spaß. Und Du hast erst gar keine Angst, Dein Gesicht zu verlieren.
Alternativ könntest Du es Dir auch aufs Band sprechen (oder schreien, lol). 10 Minuten aufnehmen, davon die meiste Zeit gar nichts, also Stille in der Aufnahme. Ab und zu aber ein lautes, überraschendes „Stopp”. Wenn Du es dann laufen lässt, kommen die „Stopp” auch ziemlich überraschend und haben den gleichen Effekt.
Anwendung im Ernstfall: Wenn der Suchtdruck kommt…
Wenn Du das also ein paar Mal geübt hast, dann ist es so weit. Beim nächsten Mal, wenn der Suchtdruck wieder kommt und Dein Bilderraumschiff wieder abhebt, dann setzt Du die Gedankenstopptechnik ein, um die Sexsucht bekämpfen. Und dann siehst Du, was passiert.
Hab keine Angst, es mehrmals zu probieren. Beim ersten Mal gehen die Gedanken vielleicht nur für drei Minuten weg und kommen dann wieder. Dann machst Du es erneut. Und wenn sie dann nach ein paar Minuten wiederkommen, dann machst Du es zum Dritten mal. Und so weiter.
Entscheidend ist nämlich auch, dass das menschliche Gehirn aufs Lernen programmiert ist. Wenn eine bestimmte Tat (in unserem Fall erotische Gedanken) immer wieder eine negative Konsequenz hat (Adrenalinausstoss), dann lernt das Gehirn irgendwann, dass es diese Tat am besten nicht mehr durchführt.
Dies kann allerdings dauern. Sexsucht bekämpfen mit der Gedankenstopptechnik. Für manche Menschen funktioniert diese Technik ganz hervorragend. Für andere setzt hingegen eine Art Gewöhnung ein.
Das musst Du für Dich selbst herausfinden. Vielleicht kannst Du in Deinem Fall die Gedankenstopptechnik mit einer der anderen neun Sofort-Tipps verbinden. Oder Du wandelst die Technik ein wenig ab. Dazu kommen wir später noch.
So weit so gut. Die beschriebene Technik kann ja ganz gut funktionieren, um Deine Sexsucht zu bekämpfen, so lange Du alleine bist, zuhause oder im Auto oder sonstwo.
Was aber, wenn Du unter Menschen bist? Im Büro, in der Stadt, in einer Bar? In einem Geschäft, am Strand im Urlaub?
Abbildung 3: Sexsucht bekämpfen, auch wenn Du in der Öffentlichkeit bist
Jetzt gibt es drei Möglichkeiten.
Erstens: Du kannst – wie gerade eben vorgeschlagen – mit einem Diktiergerät oder Ähnlichem arbeiten. Du sprichst Dir das „Stopp” vorher selber drauf und lässt das über Kopfhörer laufen.
Zweitens, Du nimmst Dir ein oder zwei Minuten und entfernst Dich von den Menschen. Du gehst auf die Toilette. Oder in eine ruhigere Seitenstraße. Oder in den Park um die Ecke… Und dann führst Du die Gedankenstopptechnik in abgeschwächter Form durch. Du schreist dann nicht, sondern rufst halblaut.
Achte im Büro darauf, dass Du allein auf der Toilette bist. Und dass Dein Ruf nicht so laut ist, dass man Ihn noch draußen hören kann.
Der Adrenalinausstoß ist zwar einerseits nicht ganz so stark. Andererseits lenkt aber schon die Suche nach einem ruhigeren Ort Deine Gedanken ab. Und wenn Du in der Öffentlichkeit die Arme nach oben reißt, kannst Du ja immer noch so tun, als hättest Du Muskelverspannungen in der Schulter oder etwas Ähnliches. Du massierst Dich vielleicht ein wenig den Nacken. Du machst ein Gesicht, als fühltest Du Schmerzen, falls jemand Dich komisch anschaut.
Die dritte Möglichkeit führt uns wieder zurück zum Anfang: Du hast ja diese Gabe, ganz schnell Hollywood-Regisseur zu werden. Wenn Du das mit dem Händeklatschen und „Stopp” rufen ein paar Mal geübt und angewendet hast, um Deine Sexsucht zu bekämpfen, kannst Du es Dir auch vorstellen.
Du stellst Dir also vor, wie Du die Hände hochreißt, klatschst und „Stopp” rufst. Genauso, wie Du Dir ja ganz leicht erotische Fantasien vorstellen kannst, wirst Du auch die Gedankenstopptechnik im Kopf passieren lassen. Und danach die Aufmerksamkeit sofort auf alles richten, was Du in dem Moment wahrnimmst.
Und das i-Tüpfelchen ist dann Folgendes. Stell Dir bildlich noch den Hollywoodregisseur in Dir vor. Jedes Mal, wenn Du die Sexsucht bekämpfst mit der Gedankenstopptechnik. Egal, ob allein und laut oder in Gesellschaft und leise. Sieh ihn vor Dir. Mach Dir ein Bild von ihm. Sieh ihm die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Sieh, wie er seine Sachen zusammenpackt, vor sich hinmurmelt und dann aufgibt und verschwindet.
Stell Dir das so bildlich und realistisch wie möglich vor. Genieß das Gefühl. Stell Dir diesen Hollywoodregisseur als Deinen Gegner vor, den Du erfolgreich vertrieben hast. Du hast ihn geschlagen.
Lass ein Glücksgefühl in Dir zu. Lass dem Adrenalinstoß ganz viele Endorphine (das sind Glückshormone) folgen, so wird das Gehirn auch konditioniert, diese Übung immer wieder zu machen. Denn es lernt dann, dass es beim Sexsucht bekämpfen eine Belohnung bekommt.