Glücksspielsucht – es geht eigentlich gar nicht ums Gewinnen
Glücksspielsucht – dazu hat fast jeder eine Meinung. Und die meisten liegen mit ihren laienhaften Vorstellungen zu Glücksspielsucht falsch. In erster Linie geht es bei der Glücksspielsucht gar nicht um den Versuch, etwas zu gewinnen, sondern um das Verdrängen von alten Problemen. Natürlich willst du als Spielsüchtiger auf den ersten Blick den Automaten oder den Gegner beim Pokern oder die Börse oder den Roulettetisch schlagen. Und natürlich bist auch du als Spieler durch anfängliche Gewinne ans Spielen geraten – wer am Anfang beim Zocken verliert, wird meist auch nicht der Glücksspielsucht erliegen.
Doch in Wirklichkeit geht es bei der Glücksspielsucht ums Verdrängen und Vergessen. Dies ist schon am Anfang so. Du gewinnst etwas und fühlst dich toll. Du kannst beweisen, dass du doch etwas kannst, auch wenn die anderen dir immer das Gegenteil erzählen. Du denkst, du habest die Kontrolle und könnest das Glück beeinflussen. Das Rattern, das Blinken, die Atmosphäre am Pokertisch… eine Glücksspielsucht ist am Anfang immer auch eine Strategie, von der Welt da draußen zu flüchten.
Glücksspielsucht heisst fast immer, eine Vergangenheit voller Probleme, traumatischer Erlebnisse, schwieriger Kindheit und Jugend. Eine Glücksspielsucht entwickelt sich fast immer zufällig. Aufgrund problematischer Erlebnisse hast du in dir schon eine Tendenz zur Sucht, aber statt einer Glücksspielsucht hätte es auch eine Alkoholsucht werden können, falls du anfangs beim Komasaufen deinen Kick gefunden hättest, oder eine Fress-Sucht, falls du dich gegen deinen Frust lieber vollgestopft hättest, oder eine Pornosucht, falls du schon als 13-Jährige(r) auf den Pornoseiten hängengeblieben wärst.
Glücksspielsucht heisst auch immer, dass du in Schuld- und Schamgefühlen ertrinkst. Du schleppst auch meist eine Software in deinem Gehirn mit dir rum, die da sagt: du bist nichts wert, du hast Gewinnen gar nicht verdient. Obwohl du dir als Glücksspieler das meist nicht eingestehen willst, spielst du selbst bei Gewinnen oft auch deswegen weiter, weil die Software in dir dich zum Spielen antreibt, bis alles verloren ist, bis du dich wieder schlecht fühlen kannst. Dann stimmt das Selbstbild „ich bin nichts wert” wieder und die inneren Spannungen sind erst einmal wieder weg.
Glücksspielsucht erscheint manchmal hoffnungslos. Selbst Spielsucht-Therapien scheitern häufig, besonders, wenn deine innere Einstellung nicht stimmt.
Du musst die Glücksspielsucht wirklich besiegen wollen UND du musst dein eigenes Leben noch einmal aufbereiten wollen. Bei Glücksspielsucht bringt es nichts, einfach nur mit gutem Willen zu versuchen, aufzuhören. Wenn du allerdings bereit bist, auch dein ganzes Leben noch einmal aufzuarbeiten, hast du gute Chancen, von der Sucht wegzukommen. Alleine, ohne Anleitung, schaffst du dies natürlich nicht. Aber in einer Spielsucht-Beratungsstelle, mit einem Psychotherapeuten oder mit einem Selbsthilfeprogramm erhältst du die notwendige Hilfe gegen Glücksspielsucht.
Wichtig ist auch zu verstehen, dass im Laufe einer Glücksspielsucht die biochemischen Prozesse im Gehirn durcheinandergeraten sind. Als Spieler(in) brauchst du ständig wieder den Kick des Zockens, damit im Gehirn Glückshormone ausgeschüttet werden, ansonsten kommt es zu starken Entzugserscheinungen. Auch deshalb geht es bei Glücksspielsucht gar nicht ums Gewinnen an sich, sondern darum, unbewusst bestimmte biochemischen Prozesse im Gleichgewicht zu halten. Um die Entzugserscheinungen der Glücksspielsucht zu minimieren, arbeitet das Hilfe-bei-Sucht-Programm mit einem 8-Wochen-Plan, d.h. das Zocken wird Schritt für Schritt reduziert, damit sich das Gehirn langsam daran gewöhnen kann und nicht sofort der nächste Rückfall in die Glücksspielsucht passiert.