Essstörungen – Schuld der Eltern?
Sind Eltern schuld an den Essstörungen ihrer Kinder? In diesem Artikel sprechen wir bewusst von Kindern und nicht nur von Mädchen, da auch immer mehr Jungen unter Bulimie, Esssucht, Magersucht, Binge-Eating usw. leiden. Tragen die Eltern eine Mitschuld an diesen Problemen?
Die Antwort lautet ja und nein.
Bei Essstörungen kommen Jugendliche häufig mit Anforderungen nicht zurecht. Solche, die andere an sie stellen – z. B. Mitschüler, Medien, Geschwister – oder die sie selbst an sich stellen.
- Sie werden gemobbt und entwickeln deshalb falsches Essverhalten.
- Oder sie stellen an sich selbst Erwartungen, die gar nicht erfüllbar sind.
Natürlich können Eltern schon frühzeitig damit beginnen, ihre Kinder zu sensibilisieren. Wer seinem Kind schon mit 10 Jahren alles über Ernährung und falsche Erwartungen erklärt, wer es auf Sprüche in der Schule vorbereitet und abhärtet, kann dazu beitragen, dass mögliche spätere Essstörungen ausbleiben.
Nun gibt es allerdings noch die große Gruppe derjenigen, bei denen die Probleme mit dem Essen gar nichts mit der Figur, sei es Über- oder Untergewicht, zu tun haben.
Beispiel Carola: Sie ist 14, hat großen Leistungsdruck in der Schule, außerdem lassen ihre Eltern sie nicht mit auf die Partys ihrer Lieblingsfreunde, weil die meist bis Mitternacht dauern.
Sie fühlt sich ausgegrenzt und zieht sich in ihre eigene Welt zurück. Schokolade zuhause und Pommes auf dem Weg von der Schule sind ihre Seelentröster. Schon bald die doppelte und dreifache Portion und so gleitet sie in eine Essstörung. Die Eltern sind also in diesem Beispiel teilweise für Carolas Frust verantwortlich (Ausgehverbot), aber es spielen auch andere Aspekte eine Rolle.
Fast immer sind ungelöste Probleme in der Kindheit oder als Jugendliche(r) dafür verantwortlich, dass es zu Essstörungen kommt.
- Essen dient als Ersatzfunktion, um glücklich zu werden.
- Nicht essen, Anorexie, ebenfalls.
Magersucht hat nicht nur damit zu tun, schlanker werden zu wollen. Es dient in vielen Fällen auch dazu, Kontrolle zurückzugewinnen in einem Leben, in dem man nichts mehr im Griff hat.
Zum Beispiel, wenn sich die Eltern scheiden lassen, wenn zuhause geschrien und geprügelt wird. Zumindest hat sie oder er die Kontrolle über das Essen.
Hier finden Sie jetzt sofort Hilfe gegen Ihre Fresssucht.
Sind die Eltern dann also (mit)schuldig an Essstörungen?
Eher ja.
Der Erziehungsauftrag schließt mit ein, seinen Kindern ein behütetes Zuhause zu bieten.
Liebe, Verständnis, Vorbereitung auf das Leben.
Andererseits sind die wenigsten Mütter und Väter in der Lage, in alldem immer perfekt zu funktionieren. Die meisten tun, was sie können, aber sie sind auch nicht perfekt und hatten möglicherweise selbst eine schwierige Kindheit und traumatische Erfahrungen.
Daher ist es auch nicht sinnvoll, wenn die Kinder Rache an ihren Eltern nehmen, indem sie sich in Essstörungen flüchten.
Nach dem Motto:
“Schau her, wenn du mich nicht so und so behandelt hättest, wäre ich jetzt nicht so.”
Dies begreifen die Kinder aber – wenn überhaupt – erst sehr viel später im Leben, wenn sie möglicherweise selbst Kinder haben und auch keine perfekten Eltern sind.
Und dann gibt es noch die Gruppe der Mädchen und Jungen, bei denen die Wahrnehmung und Informationsverarbeitung im Gehirn verzerrt ist.
Sie sehen sich selbst immer dicker als sie wirklich sind. Bei normalem BMI fühlen sie sich zu dick, bei magersüchtigem Körper genau richtig. Dies hat dann mit Gehirnchemie zu tun – und kann mit Wahrnehmungsübungen im Rahmen einer Therapie korrigiert werden.
Es liegt also weniger an Problemen im Alltag, in der Erziehung oder in der Schule. Ob die Eltern daran schuld sind – in diesem Fall lautet die Antwort nein. Dennoch können Eltern durch Unterstützung, Verständnis und Offenheit ihren Kindern helfen, mit diesen Herausforderungen umzugehen und möglicherweise Essstörungen vorzubeugen. Das Hilfe-bei-Sucht-Programm und die HbS-Methode können dabei wertvolle Unterstützung bieten.