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Suchtauslöser Streit und Kränkungen

Als Süchtige(r) können Sie meist nicht gut mit Spannungen umgehen, die zwischen Ihnen und jemand anderen bestehen. Sie haben ja wahrscheinlich seit Ihrer Kindheit gelernt, Konflikten aus dem Weg zu gehen, sich lieber zurückzuziehen und sich selber Befriedigung zu besorgen. Mit Essen, Alkohol, Pornos, Zocken oder anderem. Streit kann also Suchtauslöser sein. Beziehungsweise Auslöser von Suchtdruck.

Dies ist von allen Suchtauslösern der am langwierigsten zu behandelnde. Denn Streit und Kränkungen wird es immer geben. Ihnen ist nicht so leicht aus dem Weg zu gehen. Außerdem ist Ihre eigene Definition von Kränkung ganz anders gefasst als die von vielen anderen Menschen mit größerem Selbstbewusstsein.

Statt Ihre Gefühle auszudrücken „Du tust/Sie tun mir mit so einer Aussage weh.“, werden Sie nach innen geleitet. Sie schlucken sie hinunter, so wie all die Jahre über. Und dann lösen sie entweder sofort oder ein paar Stunden später eine Kompensationsreaktion aus, und zwar Suchtdruck. „Ich habe mir jetzt eine Entspannung verdient“.

Eine Kränkung ist für Sie möglicherweise schon, wenn jemand nicht Ihrer Meinung ist. Oder wenn jemand konstruktive Kritik an Ihnen übt. Wenn ein Bekannter, der Sie doch eigentlich auf der Straße hätte sehen müssen, an Ihnen vorbeigeht, ohne zu grüßen. Oder wenn Ihre Freundin schlechte Laune hat. Wenn der Chef den Kollegen lobt und Sie nicht, etc.

Angemessene Reaktionen in den gerade gegebenen Beispielen wären: jeder hat ein Recht auf seine eigene Meinung. Aber kein Recht darauf, dass alle sie teilen! Meine steht nicht im Mittelpunkt der Welt. Der andere hat andere Erfahrungen im Leben gemacht. Deswegen ist er anderer Meinung. Wieso ist der so engstirnig? Der scheint ein Problem mit seinem Selbstwertgefühl zu haben. Ich werde wegen einer Sache kritisiert, nicht wegen meiner Person. Konstruktive Kritik hilft mir, mich weiterzuentwickeln. Danke. Der hat mich nicht gesehen. Der ist mit seinen Gedanken wohl gerade ganz woanders. Ob ich kurz zurückgehe und ihn anspreche? Was kann ich tun, um ihre Laune zu verbessern? Die Arme, sie hat wohl einen schweren Tag gehabt; etc.

Suchtauslöser Streit

Und bei einer offensichtlichen Kränkung, die auch wirklich so gemeint ist, würde es helfen, nachzufragen. Was genau passt Ihnen nicht? Was genau habe ich falsch gemacht? Ist alles an mir falsch? „Nein, natürlich nicht“ – „Können Sie es dann bitte genauer erklären?“

Dies hilft natürlich nicht immer. Stellen Sie sich vor, Sie hätten eine Mutter, die gar nicht anders kann als Sie ständig zu verletzen. Auch in ihrem jetzigen Alter noch. Immer, wenn Sie sie besuchen, treibt Sie sie in die Weißglut. Dann hilft wahrscheinlich nur noch, sie entweder weniger zu besuchen, um die Auslösersituationen zu reduzieren. Oder sich gedanklich vorher schon intensiv darauf vorzubereiten. Sie könnten sich schon vorher folgende Fragen stellen.

Was wird Sie mir wohl diesmal wieder ungefähr an den Kopf werfen? Warum tut Sie das? Warum kann sie nicht anders? Was ist in ihrer Kindheit schief gelaufen? Wie wird sich das für mich anfühlen, wenn sie so etwas wieder sagt? Wie werde ich dann darauf reagieren? Werde ich es wieder hinunterschlucken, so wie all die Jahre? Mir diesmal aber bewusst sein, dass sie gar nicht anders kann? Werde ich es deswegen weniger persönlich nehmen?

Die gleichen Überlegungen gelten auch für Situationen im Berufsleben. Z.B. wenn Sie immer wieder auf einen Chef oder engen Kollegen mit einer Persönlichkeit stoßen, die überhaupt nicht zu Ihrer passt. Auch hier ist es eine echte Alternative, den Job zu wechseln und sich einen motivierenden Chef zu suchen.

Denn das tägliche Herunterschlucken und sich immer wieder sagen, der oder die kann nicht anders, das liegt nicht in Ihrem Naturell. Sie können sich zwar ein wenig Souveränität erarbeiten. Aber weh tun wird es immer noch genug. Das kann nicht Sinn Ihres Lebens sein. Den Suchtauslöser Streit sollten Sie vermeiden, wo immer Sie können.

Streit/Kränkung ist aber bei weitem nicht bei jedem ein Auslöser. Viele von Ihnen haben sich nämlich auch einen dicken Panzer zugelegt. Da prallen solche „Angriffe“ einfach ab. Statt dessen teilen Sie im Gegenzug ordentlich aus und verletzen mit Ihrer unsensiblen Art.

Bei Ihnen könnten dann andere Sucht-Auslöser viel wichtiger sein. In den letzten beiden Wochen hatte ich ja über Einsamkeit und unstrukturierte Zeit als Suchtauslöser geschrieben.

Wenn Sie also Ihren Suchtdruck analysieren und zu der Schlussfolgerung kommen, dass Streit/Kränkung bei Ihnen ein häufiger Auslöser ist, dann sind es drei Dinge, die Sie tun sollten:

Erstens vermeiden Sie solche Situationen, wo Sie können.

Zweitens überlegen Sie sich, was genau Sie verletzt und warum und spielen Sie den Anwalt, der Ihre Position verteidigt und Sie ins gute Licht rückt.

Und drittens – und dies ist das allerwichtigste – antizipieren Sie diese Situationen. Üben Sie schon vorher, wie Sie damit umgehen werden. Stellen Sie sich vor einen Spiegel und / oder schreiben Sie sich auf: der andere sagt A. Dann reagiere ich mit B. Dann könnte der andere mit C oder D reagieren. Und ich tue dann E oder F.

Dies ist aber schwierig, alleine zu trainieren. Ein guter Kurs in Durchsetzungvermögen würde Ihnen hier sehr helfen. Schauen Sie einmal im Internet, wer so etwas in Ihrer Umgebung anbietet. Auch Fachbücher gibt es zu diesem Thema genug (siehe auch unter Schlagfertigkeit).

Die Reaktionen B, E und F sind schwierig. Die Situation endet vielleicht doch wieder so, wie Sie es gar nicht erwartet haben. Dann sind Sie doch wieder verletzt. Deshalb ist eine echte Alternative, vorher schon zu proben, wie Sie in der Situation X souverän reagieren. Zum Beispiel, indem Sie hinunterschlucken, sich aber gleichzeitig nicht die Schuld geben (siehe das Beispiel mit der Mutter).

Dies ist ein großer Unterschied zu Ihrem bisherigen Verhalten. Schauen Sie sich die oben gegebenen Beispiele für angemessene Reaktionen an.

Wenn solche scheinbaren oder tatsächlichen Kränkungen immer wieder in Ihrer Partnerschaft passieren, dann hilft nur eines: öffnen Sie sich. Sagen Sie, wie verletzt Sie sich fühlen. Reduzieren Sie den Suchtauslöser Streit bzw. Kränkung.

Oftmals ist dem anderen ja gar nicht bewusst, was in Ihnen vorgeht. Überlegen Sie dann gemeinsam, wie einerseits Ihr(e) Partner(in) in der Zukunft rücksichtsvoller agieren könnte. Und andererseits, wie auch Sie noch mehr an Ihrem Selbstbewusstsein arbeiten müssen. Damit Sie nicht immer alles „in den falschen Hals“ zu bekommen.

Also: Sie werden solche Auslöser vermeiden, was nur begrenzt möglich sein wird. Sie werden versuchen, anders darauf zu reagieren. Das erfordert ein wenig Zeit und Geduld. Am wichtigsten ist, sich täglich, z.B. am frühen Abend, eine halbe Stunde hinzusetzen. Lassen Sie den Tag Revue passieren. Überlegen Sie sich für alle schwierigen Situationen, wie Sie hätten anders reagieren können statt sich gekränkt zu fühlen.

Wie sonst noch könnte es gemeint gewesen sein? Was hat die andere Person wohl dazu gebracht, genau so zu reagieren?

Auf diese Weise bauen Sie Spannungen in Ihnen ab. Dann brauchen die sich irgendwann heute oder in den kommenden Tagen nicht mehr durch Suchtdruck einen Weg nach draußen verschaffen.

Anschließend können Sie sich schon einmal ein paar alternative Reaktionen auf den morgigen Tag überlegen und auf das, was er wahrscheinlich so mit sich bringt.

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